Optische Telegraphie in Preussen 1832 - 1852

Funktionsweise
Das Grundprinzip der optischen Nachrichtenübermittlung bestand in der Zuordnung einer festgelegten Flügelstellung eines Zeichens aus dem Codebuch. Mit dem Blick durch das fest installierte Fernrohr erkannte der Obertelegraphist die Stellung der Flügel (Indikatoren) einer Depesche, gab die Position auf den Stellebenen A, B und C an den Untertelegraphisten weiter und notierte den Code in ein Journal.               Das preussische Siegel
Grundstellung in Zahlen der Telegraphenflügel

Die Grundeinstellungen
der Telegraphenflügel von 1 bis 9
4. 095 Zeichenkombinationen
waren möglich, von denen
ca. 2.200 genutzt wurden

"Preußisches Telegraphenzimmer für einen optischen Telegraphen", kolorierte Lithographie eines unbekanntenKünstlers, 1835

Beide Telegraphisten einer Station überwachten in regelmäßigen Abständen die beiden Nachbarstationen. Ein ununterbrochenes Beobachten wurde vermieden, um die Augen nicht zu überlasten.
Jede Depesche führte neben dem Nachrichtentext auch Informationen über Datum und Zeit der Sendung.
Dringende Nachrichten waren mit dem Zeichen „B4.3 C4.3“ gekennzeichnet. Sie waren bevorzugt zu behandeln.
Für alle denkbaren Sonderfälle wie zum Beispiel den Ausfall einer Station, schlechte Sichtbedingungen oder fehlerhaft gestellte Zeichen hielt das Protokoll Verfahrensregelungen bereit.
Anwärter für eine Anstellung zum Telegraphisten waren altgediente Unteroffiziere, die einen Anspruch auf Anstellung und Versorgung hatten. Die Eignung wurde in einer sechswöchigen Probezeit überprüft.

Konstruktion der Telegrafenstation
Längsschnitt einer Telegraphenstation
mit den Steuerungsebenen A, B und C
Am Mast befinden sich mit Seilen
verbunden die Steuerhebel

 

 

Bautyp einer Telegraphenstation
Entwurf einer Telegraphenstation
für die Telegraphenlinie Berlin-Koblenz
von Major O´Etzel

Statik: An einem Mast von 6,30 m Höhe wurden auf drei Ebenen insgesamt sechs bewegliche Flügel befestigt, die je nach Stellung ein Zeichen darstellten. Zuerst wurden die unteren beiden Flügel (Steuerung A) positioniert, dann die mittleren (Steuerung B) und zuletzt die oberen (Steuerung C). Pro Flügelpaar konnten mit der Winkelstellung von 45, 90 und 135 Grad die Zeichen dargestellt werden.

Codes: Speziell entwickelte Codes für Kurznachrichten in ganzen Sätzen, Satzteilen, Worten und Silben erleichterten die Kommunikation. Die Telegraphiezeichen wurden von den Telegraphisten auswendig gelernt, den Inhalt der Depeschen kannten sie jedoch zumeist nicht. Neben Buchstaben konnten auch Ziffern durch Kombinationen der drei Etagen chiffriert werden. Entscheidend für das Senden einer Depesche war die Verständigung darüber, mit welchem Code zu senden ist.

Zeichengeschwindigkeit:
Die schnellste Möglichkeit, ein Zeichen über die gesamte Strecke zu übermitteln, wurde beim Synchronisieren der Stationsuhren erreicht: Bei guten Bedingungen war das Synchronisationszeichen weniger als eine Minute unterwegs, wofür allerdings höchste Aufmerksamkeit der Telegraphenbeamten und entsprechende Vorbereitung benötigt wurden. Im normalen Depeschenverkehr durchlief ein Zeichen die Strecke in 71⁄2 bis 14 Minuten. Eine Depesche mit 30 Worten benötigte etwa 90 Minuten.
Die Nutzung war vorwiegend für militärische Depeschen vorbehalten. Die Geheimhaltung von Nachrichten waren oberstes Gebot. Verlässliche Aufzeichnungen über die Anzahl der täglich durchstellbaren Depeschen sind nicht bekannt. Die Angaben schwanken zwischen zwei übermittelten Nachrichten täglich und den Aufzeichnungen des Telegrafendirektors O’Etzel, der bis zu sechs Nachrichten pro Tag nennt.

Intruktionsbücher für die Telegraphisten an den Stationen im Originalzustand:
1. Instruction "Kenntniß und Behandlung des Apparats"
2. Wörterbuch "Telegraphisten-Correspondenz" Classe 5.2
3. Intruction "Das Telegraphiren"

Codebuecher
Bildnachweis: Museumsstiftung Post und Telekommunikation, Frankfurt am Main