Das Grundprinzip
der optischen Nachrichtenübermittlung bestand in der Zuordnung
einer festgelegten Flügelstellung eines Zeichens aus dem Codebuch.
Mit dem Blick durch das fest installierte Fernrohr erkannte der Obertelegraphist
die Stellung der Flügel (Indikatoren) einer Depesche, gab die Position
auf den Stellebenen A, B und C an den Untertelegraphisten weiter und
notierte den Code in ein Journal.
Die Grundeinstellungen
der Telegraphenflügel von 1 bis 9
4. 095 Zeichenkombinationen
waren möglich, von denen
ca. 2.200 genutzt wurden
"Preußisches Telegraphenzimmer für einen optischen
Telegraphen", kolorierte Lithographie eines unbekanntenKünstlers,
1835
Beide Telegraphisten einer Station überwachten in regelmäßigen
Abständen die beiden Nachbarstationen. Ein ununterbrochenes Beobachten
wurde vermieden, um die Augen nicht zu überlasten.
Jede Depesche führte neben dem Nachrichtentext auch Informationen
über Datum und Zeit der Sendung.
Dringende Nachrichten waren mit dem Zeichen „B4.3 C4.3“
gekennzeichnet. Sie waren bevorzugt zu behandeln.
Für alle denkbaren Sonderfälle wie zum Beispiel den Ausfall
einer Station, schlechte Sichtbedingungen oder fehlerhaft gestellte
Zeichen hielt das Protokoll Verfahrensregelungen bereit.
Anwärter für eine Anstellung zum Telegraphisten waren altgediente
Unteroffiziere, die einen Anspruch auf Anstellung und Versorgung hatten.
Die Eignung wurde in einer sechswöchigen Probezeit überprüft.
Längsschnitt einer Telegraphenstation
mit den Steuerungsebenen A, B und C
Am Mast befinden sich mit Seilen
verbunden die Steuerhebel
Entwurf einer Telegraphenstation
für die Telegraphenlinie Berlin-Koblenz
von Major O´Etzel
Statik: An einem Mast von 6,30
m Höhe wurden auf drei Ebenen insgesamt sechs bewegliche Flügel
befestigt, die je nach Stellung ein Zeichen darstellten. Zuerst wurden
die unteren beiden Flügel (Steuerung A) positioniert, dann die
mittleren (Steuerung B) und zuletzt die oberen (Steuerung C). Pro
Flügelpaar konnten mit der Winkelstellung von 45, 90 und 135
Grad die Zeichen dargestellt werden.
Codes: Speziell entwickelte Codes für Kurznachrichten
in ganzen Sätzen, Satzteilen, Worten und Silben erleichterten
die Kommunikation. Die Telegraphiezeichen wurden von den Telegraphisten
auswendig gelernt, den Inhalt der Depeschen kannten sie jedoch zumeist
nicht. Neben Buchstaben konnten auch Ziffern durch Kombinationen der
drei Etagen chiffriert werden. Entscheidend für das Senden einer
Depesche war die Verständigung darüber, mit welchem Code
zu senden ist.
Zeichengeschwindigkeit:
Die schnellste Möglichkeit, ein Zeichen über die gesamte
Strecke zu übermitteln, wurde beim Synchronisieren der Stationsuhren
erreicht: Bei guten Bedingungen war das Synchronisationszeichen weniger
als eine Minute unterwegs, wofür allerdings höchste Aufmerksamkeit
der Telegraphenbeamten und entsprechende Vorbereitung benötigt
wurden. Im normalen Depeschenverkehr durchlief ein Zeichen die Strecke
in 71⁄2 bis 14 Minuten. Eine Depesche mit 30 Worten benötigte
etwa 90 Minuten.
Die Nutzung war vorwiegend für militärische
Depeschen vorbehalten. Die Geheimhaltung von Nachrichten waren oberstes
Gebot. Verlässliche Aufzeichnungen über die Anzahl der täglich
durchstellbaren Depeschen sind nicht bekannt. Die Angaben schwanken
zwischen zwei übermittelten Nachrichten täglich und den
Aufzeichnungen des Telegrafendirektors O’Etzel, der bis zu sechs
Nachrichten pro Tag nennt.
Intruktionsbücher für die Telegraphisten an den Stationen im Originalzustand:
1. Instruction "Kenntniß und Behandlung des Apparats"
2. Wörterbuch "Telegraphisten-Correspondenz" Classe 5.2
3. Intruction "Das Telegraphiren"
Bildnachweis: Museumsstiftung Post und Telekommunikation,
Frankfurt am Main